Die kurze aber sehr abwechslungsreiche Wanderung in den Solothurner Jura führt durch tiefe Schluchten, entlang von Trockenhängen zu gewaltigen Karsthöhlen, auf aussichtsreiche Jurahöhen und
entlang einer einst kilometerlangen Trockenmauer, die sogar einmal die Grenze zwischen der Schweiz und Frankreich war.
Tiefer hinein in den Jura
Die kalkigen Höhenzüge des Juras begrenzen das Schweizer Mittelland wie ein in Falten geworfenes Leintuch. Steil erheben sich die Kalkschichten aus der dicht besiedelten Ebene des Mittellandes. Nur wenige Durchbrüche erlauben es einfach tiefer hinein zu gelangen. Bei Oensingen durchbricht die noch relativ breite Klus die erste Faltenkette des Juras. Man durchquert die verfalteten und zerbrochenen Malmkalke der Weissensteinkette und gelangt nach Balsthal. Von hier aus geht es im enger werdenden Thal nach Westen, bis sich zwischen Herbetswil und Welschenrohr der enge Eingang der Wolfsschlucht zeigt.
Auf den ersten Blick scheint es unmöglich, dass hier ein Weg hinauf führen soll. Doch schon bald taucht man in ein für den Jura untypisches feuchtes Klima ein und steigt hinauf durch Farn und lichten Buchenwald.
Von Höhlen und Harnischen
Der Weg durch die Wolfsschlucht durchquert eine kleine Faltenstruktur des Solothurner Juras - die Brandberg-Antiklinale. Eine komplizierte Faltenstruktur, welche mit zahlreichen Überschiebungen durchsetzt ist. Klüfte und Rutschharnisse zeugen von den vielfältigen Bewegungen in diesem Bereich des Faltenjuras.
Beidseitig erheben sich die über 100 m hohen Felswände der Schlucht. An einigen Orten kann man weit oben noch Erosionsspuren des Wassers ausmachen: Hinweise auf vergangene Talsohlen der
Wolfsschlucht.
Unzählige kleine Löcher und Öffnungen sowie einige grössere Hohlräume lassen erkennen, dass sich in den Kalken ein ausgedehntes Karstsystem befindet. Die bekannteste zugängliche Höhle in der Region ist das Nidlenloch auf dem Weissenstein mit einer Gesamtlänge von 7.5 km. Im Verlaufe der Wanderung erhält man beim Bärenloch einen hervorragenden Eindruck, wie gewaltig die Karsterscheinungen hier werden können.
Weiter hinauf ans Licht
Nachdem sich die Schlucht etwas aufgeweitet und der Weg entlang des Westhangs an Höhe gewonnen hat, rücken die Felsen unvermutet noch einmal nah zusammen. Hier zwischen den engen Felswänden
kann man sich nochmals gut die Dynamik der Entstehung des Juras vorstellen:
Der Jura ist geologisch gesehen relativ jung. Die Kalke entstanden zwar bereits vor über 150 Millionen Jahren. Doch erst gegen Ende der Alpenfaltung vor 5-7 Millionen Jahren wurden die mesozoischen Sedimente gehoben und verfaltet. Ursache war ein Vorrücken des kristallinen Grundgebirgssockels unter das Aarmassiv. Die darauf liegenden Schichten wurden abgeschert und 20 - 30 km nach NW verschoben. Der Hauptabscherhorizont befindet sich in den Evaporitabfolgen der Anhydritgruppe und untergeordnet z. B. auch im untersten Keuper.
Nach der Engstelle biegt der Weg nach Westen ab und steigt über Baumstämme und moosige Felsen zu einer Fahrstrasse hinauf an.
Von den sonnigen Trockenhängen zum Bärenloch
Nach dem feuchten Klima und den eng zusammenstehenden Felswänden der Wolfsschlucht hat man nun plötzlich eine herrliche Aussicht über das darunterliegende Tal und auf die Weissensteinkette. Je weiter man nun den Weg zur Bärenhöhle folgt, desto trockener werden die Hänge.
Über einen aufwärts führenden steilen Pfad gelangt man zur Bärenloch. Nach etwa 15 Minuten Aufstieg geht der Weg flacher nach links weiter. Hier gelangt man zur gewaltigen Felsenkathedrale des grossen Bärenlochs. Zweigt man nach recht auf den weniger ausgetretenen Weg ab, gelangt man zu einer weiteren etwas kleineren Höhle.
Beides sind ehemalige Karsthöhlen, bei denen das Dach teilweise einstürzte und die sich nun exponiert in der steilen Felswand befinden.
Mittagsrast im Bärenloch
Das Bärenloch ist keine Höhle im eigentlichen Sinn - mehr ein riesiger Höhleneingang mit beinahe filigran durchbrochener Decke. Auf den Felsen oder der kleinen Holzbank lässt sich hier hervorragend Mittagspause machen und die Aussicht auf das Örtchen Welschenrohr geniessen.
Berühmt ist das Bärenloch auch wegen des Malers Caspar Wolf, der Mitte des 18 Jh. das kleine Bärenloch - ein wenig ausgeschmückt - in einem Gemälde festhielt:
Aussicht über den Faltenjura
Entlang einer Fahrstrasse gelangt man durch eine weitere enge Schlucht in ein verstecktes kleines Tälchen - dem Harzer Graben. Von Hier führt der Weg weiter durch Wald und über eine steile Wiese
hinauf zum Harzer Hof. Auf dem Kamm angelangt eröffnet sich ein herrlicher Blick über die weiter nördlich liegenden Juraketten.
Trockenmauern und alte Grenzen
Eine alte Trockenmauer mit einer Länge von mehreren Kilometern bildet hier die Grenze zwischen Bern und Solothurn. Sie trennt bereits seit dem Jahr 744 politisch unterschiedliche Regionen und bildete 1798 für einige Jahre sogar die Landesgrenze zwischen der Helvetischen Republik und dem Département du Mont Terrible (Frankreich) - seit 1815 steht sie auf der Kantonsgrenze Bern-Solothurn.
Der Naturpark Thal hat von 2009 bis 2013 die Trockenmauer auf dem Probstenberg restauriert. Die im Zerfall begriffene Mauer wurde auf einer Länge von insgesamt 490 Metern neu aufgebaut (3)!
Vor dem teilweise weglosen Abstieg über eine Alpwiese und durch ein kleines Waldstück hinunter zur Fahrstrasse lohnt sich eine Einkehr im heimeligen Hinteren Brandberg.
Viel Spass beim Wandern und selbst entdecken!
Fakten zur Wanderung
Anfahrt: Postauto bis Haltestelle Wolfsschlucht oder mit PKW: Parkplatz gerade beim Forstweg an der Postautohaltestelle (47.28306 / 7.55516).
Länge: ca. 10 km und total ca. 800 Höhenmeter Aufstieg.
Bährenhöhle: Abzweigung Wanderweg bei 47.28811 / 7.53230. Vorsicht: Der Weg ist nur trittsicheren Wanderern zu empfehlen. Für kleine Kinder ungeeignet - ausser
man sichert diese.
Essen / Trinken: Bergrestaurant Hinterer Brandberg - kleine gemütliche Bergbeiz: Tel.: 032 639 11 91
Literatur / Links
1) Besten Dank an Thilo Herold für die Abbildungen aus seiner Dissertation: "Räumliche Beziehungen der Karstsysteme zu den tektonisch geologischen Strukturen im Gebiet der Weissenstein- und Farisbergantiklinale", ETH Zürich, 1997
2) "Caspar Wolf - Pionier der Alpenmalerei", Basellandschaftliche Zeitung vom 17.4.2014
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